
Kolumne: Mamas weinen nicht #5 – Der Tag vor den Tagen
Für die meisten Frauen ist Mutter sein die Erfüllung. Doch was ist, wenn die Vorstellung, die man hatte sich mit der Wirklichkeit bricht oder das Leben vielleicht auch ganz anders kam, als geplant? In dieser Kolumne geht es um den Spagat zwischen Muttersein und Selbstfürsorge, die Liebe zu den Kindern und dem Wunsch nach persönlicher Freiheit, dem Gefühl des Versagens und dem Anspruch an Perfektion. Kurz: um die Gefühle über die auf dem Spielplatz niemand spricht.
Es ist wieder einer dieser Tage. Und dann auch noch der Tag vor den Tagen. Vielleicht ist es auch gerade deswegen wieder einer dieser Tage. Einer dieser Tage an dem nichts läuft und ich mich, egal, was ich angehe, fühle wie der letzte Versager. Die Wohnung versinkt im Chaos (jedenfalls fühlt es sich so an, vermutlich ist es nicht mehr als sonst), die Kinder sind anstrengend (jedenfalls fühlt es sich so an, vermutlich sind sie es nicht mehr als sonst) und jeder Versuch mir Selbstfürsorge zukommen zu lassen scheitert, weil sich nichts richtig anfühlt. Einer dieser Tage an denen ich mich am liebsten zerreißen würde.
Denn genau so fühlt es sich an: zerrissen werden. Zerrissen zwischen Haushalt, Kind, Beziehung und Selbstfürsorge. Und bei dem Versuch es überall richtig zu machen, geht alles zu Bruch. In erster Linie ich selbst und genau da liegt der Hund begraben.
Ich weiß, ich muss mich an diesen Tagen um mich selbst kümmern, doch wenn sich nichts richtig anfühlt, dann fühlt es sich so an, als würde ich die ganze Zeit nur an mich selbst denken, die Kinder vernachlässigen und das völlig sinnlos, denn es wird einfach nicht besser und vielleicht würde es besser werden, wenn ich statt dem krampfhaften Versuch mich selbst wieder auf die Beine zu kriegen, einfach Zeit mit den Kindern verbringen würde, doch ich bin nervtötend. Ich sehe mich aus den Augen meiner Kinder und finde mich nervtötend. Es ist heute also eigentlich egal, doch das kann ich nicht akzeptieren. Ich fühle mich machtlos gegen mich selbst und das ist scheiße.
Es ist zum heulen. Und das tu ich dann auch. Zwischen den Türen, während ich die Wäsche aufhänge, während gerade niemand hinguckt, während ich versuche Herr über das Chaos zu werden und abends, abends als sie endlich schlafen.
Und ich hake diesen Tag ab. Als einen von diesen Tagen. Ich versuche mir einzuprügeln, dass das schon okay ist. Dass morgen ein neuer Tag ist, dass niemand Schaden von diesem einen Tag genommen hat. Doch es ist Lockdown. Morgen ist schon wieder so ein Tag, so ein Tag, wo wir drin gefangen sind. Das einzige, was ich ändern kann, ist mein Kopf, meine Gedanken, meine Einstellung. Aber Himmelherrgott, sag das mal meinen Hormonen.
Hier kommt ihr zu allen Teilen der Kolumne "Mamas weinen nicht".

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Ich habe Germanistik und Kommunikationswissenschaften studiert, bin früh Mama geworden und habe nun zwei Töchter im Kindergarten- und Grundschulalter. Ich hatte in meiner Jugend schwere depressive Phasen bis hin zur Selbstverletzung. Ich habe mich dort selbst wieder heraus gekämpft, bin die Neigung dazu bis heute jedoch nie ganz losgeworden, sodass ich in schweren Phasen bis heute sehr stark emotional reagiere. Mein Partner hatte vor einigen Jahren mit Burnout und schweren Depressionen zu kämpfen, die ich als Angehörige miterlebt habe und mich selbst teilweise wieder in depressive Phasen gebracht haben. Da wir aber nun schon zwei Kinder hatten, musste ich stark bleiben. Heute geht es uns beiden wieder gut, das Gefühl der Überforderung und des Versagens als Mutter, wenn es dir nicht mehr möglich ist deine Verzweiflung zu verbergen, ist mir jedoch bis heute noch gewahr. Diese Gefühle möchte ich gerne teilen, um ein Tabu-Thema zu brechen.

